Unser Leben ist das, wozu unser Denken es macht.

 

(Mark Aurel)

 

 

 

 

... es war einmal ein Herzenswunsch...

 

 Als kleines Mädchen sass ich oft am Fenster und beobachtete mit Papa`s Fernglas die Felder, die unweit von unserem Haus lagen. Manches Mal hatte ich Glück und konnte Pferde mit ihren Reitern entdecken. Schnell wie der Wind radelte ich los, genau zu der Stelle, wo ich sie gesehen hatte, und machte mich auf die Suche nach ihren Spuren in der Erde. Suchte nach Hufeisen. Wartete, ob sie zurück kamen, so dass ich sie aus der Nähe betrachten konnte. Träumte davon, irgendwann einmal selbst hier entlang zu reiten. Wünschte mir von ganzem Herzen, dass diese Sehnsucht irgendwann gestillt werden würde. Die Nähe zu Pferden kannte ich bis dahin nicht, doch ich suchte sie so sehr. Abends, beim Fernsehen lag ich auf Papa`s Brust und fragte ihn Abend für Abend, ob ich denn irgendwann ein eigenes Pferd haben könnte. Er versprach mir immer und immer wieder, dass er mir eines kaufen würde, wenn er im Lotto gewinnt. Dieses Versprechen trug ich wie einen Goldschatz mit mir, nicht wissend, wie gering die Chance war, im Lotto zu gewinnen. Doch darum ging es gar nicht. Ich hatte Papa`s Wort und so konnte ich ganz sicher sein, irgendwann über "meine" Felder reiten zu können...

 

Zum Geburtstag, zur Kommunion, zu Weihnachten, immer mal wieder bekam ich ein paar Reitstunden von meinen Eltern geschenkt. Doch es gab bei uns nur eine einzige Reitschule und so sehr ich mich danach sehnte, endlich auf dem Rücken eines Pferdes sitzen und deren Nähe spüren zu dürfen, so viel Angst hatte ich. Der Reitlehrer dieser Reitschule brachte uns Kindern statt dem reiten das fürchten bei. Die Pferde waren so unsagbar unglücklich, ich wollte viel mehr bei ihnen sein, als auf ihnen zu sitzen. Aber das war nicht erlaubt. Immer wieder verfielen so meine geliebten Reitstunden.

 

Viele Jahre später, in denen ich zwar aus Büchern viel über Pferde gelernt hatte, aber nicht viele Gelegenheiten zu reiten hatte, begann ich eine Lehre zur Steuerfachgehilfin. Ich verdiente nun Geld und konnte für ein Pferd sorgen. Im April 1990 machte ich mich auf die Suche nach einem Pferd. Schwarz und gross sollte es sein. Das allererste Pferd, dass ich mir ansah, war schwarz und gross. Mein Blacky. Er wurde für die nächsten 21 Jahre mein Seelenpferd und bester Freund. Auch ohne Lottogewinn hielt mein Papa sein Versprechen, meine Mama bejahte ebenfalls meinen Herzenswunsch und kurze Zeit später ritt ich über "meine" Felder... 

 

Ich hatte die nächsten zwei Jahre für meinen Blacky ein Halfter und einen Strick, ein Zaumzeug und ein Putzzeug, mehr konnte ich mir nicht leisten, doch das war so unwichtig... Ich arbeitete die ganze Woche in meiner Lehrstelle, fuhr danach, ob Sommer oder Winter mit der S-Bahn in Richtung Stall und brauchte weitere 40 Minuten zu Fuss, um bei meinem Herzenswunsch anzukommen. Tag für Tag. Samstags arbeitete ich bis zum späten Nachmittag zusätzlich in einem Kaufhaus, um alle Kosten für Blacky bezahlen zu können. Zwei Jahre nach Kauf von meinem Blacky konnte ich mir einen eigenen Sattel leisten. Reiten konnte ich immer noch nicht, doch auch das war damals nicht wichtig für mich. Ich durfte von ihm lernen. Dieser schwarze Seelenfreund war solch ein langersehnter Herzenswunsch, obwohl mir weder Geld noch Können in den Schoß fiel und diese ersten Jahre augenscheinlich wirklich anstrengend waren, war es der Beginn einer so wunderschönen Reise mit Pferden und das Schönste, was mir in meinem Leben passieren konnte. Im Oktober 1993 erfüllte ich mir einen weiteren Herzenswunsch, ich wollte noch viel mehr lernen. Erneut schwarz und gross, mein Justin. Von nun an waren wir zu dritt.

 

Viele Jahre arbeitete ich als Steuerfachgehilfin angestellt und selbstständig, nachts ging ich bedienen. Irgendwann hatte ich irgendwas vor mit all dem Geld. Was es war, wusste ich noch nicht, aber es fühlte sich gut an.

 

Im Jahr 2001 eröffnete ich eine Reitschule, meinen Birkenhof in München/Lochhausen. Viele grossartige Lehrer auf 4 Beinen zogen ein und ich begann, meinen Traum voll und ganz zu leben.

 

Ich denke bis heute  an das kleine Mädchen, dass mit dem Fernglas auf der Fensterbank sass. Und fühle bis heute diesen Herzenswunsch, ein eigenes Pferd besitzen zu dürfen...

 

 

 

... heute ...

Heute weiß ich mein Leben sehr zu schätzen. Ich habe das grosse Glück, von 35 Ponys und Pferden umgeben zu sein, mit ihnen leben und arbeiten zu dürfen. Es sollten nicht so viele Pferdchen werden, doch immer wieder kommen welche hinzu, die dringend ein Zuhause brauchen und selbstverständlich mit offenen Armen empfangen werden, solange es mir möglich ist.

 

An jedem einzelnen Tag seit dem 28. April 1990, an dem ich meinen Blacky bekam, bin ich unendlich dankbar für diesen Reichtum an 4-beinigen Schätzen, die mich begleiten.  Keinen Tag und keine Erfahrung möchte ich missen. Diese Welt bereichert mich so sehr, auch wenn es nicht nur leicht und unbeschwerlich ist, mit so vielen Wesen sein Leben zu teilen. Auch wenn man in dieser Welt viel mehr arbeiten und auf vieles andere verzichten "muss". Diese ausnahmslos wunderbaren Seelen machen soviel Gutes in und mit jedem Menschen und sorgen für jedermann`s Seelenheil. Auch für meines.